Am vergangenen Wochenende war es soweit, die Teilnehmer des Belcar Historic Cups machten sich auf, um die beiden finalen Saisonrennen 2023 zu bestreiten. Eine letzte Schlacht sollte geschlagen werden. Und diese fand ausgerechnet auf fremden Territorium statt. Die GP-Strecke des Nürburgrings wurde als Saisonabschluss auserkoren, das einzige Auslandsrennen der Serie. Das ADAC-Racing-Weekend hatte zur Westfalentrophy geladen, eine würdige Showbühne. Klassischer Heimvorteil für die Rheinlandgarage, die sich durchaus noch die ein oder andere Chance auf den Gesamttitel ausgerechnet hatten.

Da war zu einem Marc Roessle, der mit seinem Ford Escort RS2000 Holbay punktegleich auf Platz 1 der nationalen 2,5-Liter Klasse lag und in der Gesamtwertung in Schlagdistanz zum Führenden auf Rang 2.
Und nicht zu vergessen Hans Gerd Brauneiser. Dieser hatte sich beim letzten Rennen bereits den Titel in der FIA 2-Liter Klasse sichern können. Ausserdem lag er ebenfalls auf Rang 2 in der FIA-Gesamtwertung und hoffte nur auf einen Ausrutscher des führenden Ford Capris. Unterstützt wurde er an diesem Wochenende erneut von Tourenwagen-Ass Rainer Teitscheid, der gemeinsam mit ihm den Gruppe 1B Sinziger Ford Escort MK2 RS2000 pilotierte. Christoph Roessle war diesmal nur als moralische Unterstützung anwesend, da sein MK1 RS2000 beim letzen Einsatz in Spa doch erheblich ramponiert wurde und daher erst im nächsten Jahr wieder einsatzbereit sein dürfte.

Bei typischem Eifelwetter (Nieselregen und einstellige Temperaturen, dazu starke Windböen) ging es am Samstagmorgen zu unchristlicher Zeit ins freie Training. Hier konnte nochmal alles getestet und ausprobiert werden, für den späteren Showdown. Und Roessle zeigte direkt einmal, das mit ihm absolut zu rechnen sein sollte. In bravouröser Manier stellte er den Holbay Escort bei regennasser Strecke auf den 2.Gesamtrang. Das Interesse der Mitbewerber war damit auf jeden Fall geweckt. Auch Teitscheid und Brauneiser schlugen sich wacker und platzierten den Sinziger RS2000 im vorderen Mittelfeld.

Somit war alles bereit für das Qualifying am Nachmittag. Und hier fand dann zum ersten Mal ein richtiger Schlagabtausch statt. Roessle und sein ärgster Widersacher auf Mazda RX-3 schenkten sich absolut nichts. Die Rundenzeiten flogen einem nur so um die Ohren, wie bei einem Top-Qualifying. Dabei war Marc Roessle lange in Führung seiner Klasse, wurde aber kurz vor Schluss vom Mazda wieder auf Rang 2 verdrängt. Aufgrund eines im Weg stehenden BMW in der letzen fliegenden Runde verpuffte Roessles Konter leider und er musste sich letztendlich mit Rang 2, direkt hinter dem Mazda, zufrieden geben. Aber da ging was, im Rennen sollte aufgetrumpft werden.
Unterdessen spulten Hans Gerd Brauneiser und Rainer Teitscheid ebenfalls souverän ihre Runden ab und sicherten sich die 1. Position in der FIA 2-Liter Klasse. Der für die Gesamtwertung wichtige Ford Capri landete allerdings relativ weit vor den Beiden, sodass es nicht ohne Schützenhilfe gehen sollte.

Nun denn, der Sonntag brachte noch eisigere Temperaturen und zwischendurch immer wieder Regen. Sollte es wieder eine Wetter-Lotterie werden, so wie in Spa? Rechtzeitig zum 1. Rennlauf war die Strecke dann aber wieder abgetrocknet. Der Ringkampf konnte beginnen. Und wie…

Gleich in der Einführungsrunde zum 1.Rennen drehten sich mehrere Fahrzeuge. War es Nervosität, Anspannung, kalte Reifen, Übermut, Unvermögen,…??? Wir werden es wohl nie erfahren.
Die Rennleitung hatte auf jeden Fall erstmal genug gesehen und stoppte den Bluthochdruck-Konvoi mit der roten Flagge auf der Start und Zielgeraden, um die Gemüter etwas zu beruhigen und ausserdem aufzuräumen. Danach entschied man sich, das Rennen (wohl aus Sicherheitsgründen) hinter dem Safety Car zu starten. Nach einer weiteren Einführungsrunde ging es dann endlich auf die 30-minütige Hatz.
Und hier erwischte Roessle direkt einen Bombenstart. Sofort preschte er an dem Mazda vorbei und konnte sich gleich auch etwas absetzen. Auch Teitscheid war gut weggekommen, kämpfte sich munter durchs Mittelfeld. Beinharte Duelle waren dabei an der Tagesordnung. Davon konnte auch Roessle bald ein Lied singen. Im Dreikampf mit dem Mazda und einem ebenfalls in der nationalen Klasse startenden 911er Porsche musste er sich dabei ganz schön lang machen. Teitscheid hingegen war seinen Kontrahenten bereits etwas enteilt und verbrachte die nächsten Runden einsam auf weiter Flur. Inzwischen hatte der Porsche etwas an Tempo zugelegt und war an Marc Roessle vorbeigezogen. Jetzt presste dann auch der Mazda von hinten und rückte ihm dabei ganz schön auf die Pelle. Doch Marc wusste bis dato alle Attacken zu vereiteln.
Bis zwei Runden vor Schluss etwas komplett Unvorhersehbares eintrat, ein technischer Defekt. Eingangs der Mercedes-Arena streikte plötzlich die Kraftübertragung des Holbay RS2000 Escorts, kein Gang ging mehr rein. Vollkommen entrüstet musste Roessle den Wagen am Streckenrand abstellen. Kurze Zeit später wurde dann auch schon die Zielflagge geschwenkt.
Mit letztem Einsatz hatte sich Rainer Teitscheid noch einen Mitbewerber vom Leib gehalten und passierte sie freudestrahlend. Platz 1 in der 2-Liter FIA Klasse und Platz 2 in der FIA Gesamtwertung ist es letztendlich geworden. Roessle hingegen musste sich leider mit einem Ausfall begnügen.

Später wurde ein Problem mit der Kupplung diagnostiziert. Eine Notreparatur in der Pause bis zum 2.Rennlauf sollte ihm letztendlich doch noch den Start ermöglichen.
Jetzt wurde es ganz schwer. Im Grunde musste er auf ein Missgeschick des Mazda’s hoffen, genau wie Hans Gerd Brauneiser, der seinerseits im 2. Rennen auf einen Ausrutscher des Ford Capris wartete um eventuell doch noch den Gesamttitel abzustauben.

Der letzte Lauf der Saison sollte die Entscheidung bringen. Erstaunlicherweise hatte sich Marc Roessle blendend von seinem Unglück im ersten Lauf erholt und bliess mit einem Bombenstart zur Attacke auf den Mazda. Diesen hatte er nach zwei Runden bereits in Sichtweite eingeholt, es sollte also doch noch einmal losgehen, das Duell um die Krone. Währenddessen fuhr Brauneiser unbeirrt auf Rang 1 seiner Klasse im vorderen Mittelfeld, jedoch leider ohne Chance den übermächtigen Ford Capri einzuholen. Anders als Roessle, der in einem wahren Rausch bereits wieder bis auf 3 Sekunden an den Mazda rangekommen war, als das Schicksal ein weiteres Mal erbarmungslos zuschlug. Die Notreparatur hatte leider nicht lange genug gehalten, das Problem aus dem 1. Rennen trat wieder auf. Geistesgegenwärtig konnte Marc noch den 3. Gang einlegen, so daß ein Weiterfahren gewährleistet war.
Am Ende erreichte er, aufgrund von weiteren Ausfällen, noch als Zweiter seiner Klasse die Zielflagge. Diese hatte auch Hans Gerd Brauneiser vorher schon passiert. Zum Schluss blieb es auch für ihn bei Rang 1 in seiner Klasse und Platz 2 in der FIA Gesamtwertung.

Schade. Man hatte alles gegeben, aber im Endeffekt fehlte dann vielleicht auch ein kleines Quäntchen Glück. Trotzdem schlugen sich die Rheinlandgaragen-Piloten extrem achtbar.
So belegte Marc Roessle in der Meisterschaft mit seinem Holbay Ford Escort RS2000 Mk1 sowohl in der nationalen 2,5l-Klasse als auch in der nationalen Gesamtwertung den zweiten Rang hinter dem Mazda.
Das Team Hans Gerd Brauneiser / Rainer Teitscheid / Alex Trojan sicherte sich den Titel in der FIA 2-Liter Klasse und den zweiten Rang in der Gesamtwertung.
Und Christoph Roessle erreichte trotz Abwesenheit den zweiten Rang in der 2-Liter Fia Klasse und den dritten Rang in der Gesamtwertung.

Chapeau.

Eine aufregende Belcar Saison ist damit vorbei. Es wurde gelacht, es wurde geweint und es wurde viel guter Motorsport geboten. Das Ganze in einer sympathischen, familiären Atmosphäre, wie man sie nur noch sehr selten in anderen Rennserien antrifft.

Nach der Saison ist vor der Saison. Warten wir ab, was 2024 so bringt. Wir kommen wieder.