Die Geschichte der ADAC Westfalen Trophy begann im Jahre 2005. Der MSC Bork e.V. im ADAC beschäftigte sich bis dato nur mit kleineren Dingen, wie z.B. Kartrennen. Ihre erste große Rundstreckenveranstaltung sollte es werden. Und bereits damals waren knapp 300 Fahrzeuge in 10 verschiedenen Rennserien am Start und füllten die Veranstaltung mit Leben.
Heute hat sie sich längst in der deutschen Motorsportszene etabliert. Zum 20 Male stand sie dieses Jahr auf dem Programm. Seit 2021 trägt man den Namen: ADAC Racing Weekend. Die GP-Strecke des Nürburgrings ist die große Bühne der noch jungen neuen Plattform des automobilen Breitensports innerhalb des ADAC. Und so waren auch dieses Mal alle gekommen um die Motorsportsaison gebührend abzuschließen.
Seit 15 Jahren ist dort traditionell der Belcar Historic Cup am Start, meistens um ebenfalls sein Saisonfinale zu bestreiten.
So auch heuer. Und mit ihm, natürlich auch das Team Brauneiser-Renntechnik. Allen voran Marc Roessle, der wieder auf sein Stammfahrzeug, den Holbay Ford Escort RS2000 MK1, zurückgreifen konnte, das in Assen noch reparaturbedingt pausieren musste. Sein Vater Christoph war somit wieder zum Solo-Starter auf dem originalen Gruppe 1B Sinziger Ford Escort RS2000 MK2 geworden. Marcs Bruder, Simeon, stand natürlich auch wieder mit am Start, wie gewohnt auf seinem 1600er Ex-Cup Ford Puma. Alle drei Fahrzeuge waren wie immer top vorbereitet für die Eifelschlacht.
Meisterschaftstechnisch war vor dem Wochenende schon fast alles entschieden. Marc Roessle hatte, bedingt durch einige Ausfälle, keine Chance mehr auf den Meistertitel, sowohl in der nationalen 2,5 Liter Klasse, als auch in der Gesamtwertung der nationalen Historics.
Auch bei Bruder Simeon war schon fast alles klar. Mangels Mitbewerber war er schon vorzeitig Meister in der 1600er Nineties Klasse geworden und lag in der Gesamtwertung der 90er auf Rang 4, allerdings mit zu großem Rückstand auf P3, jedoch nur knapp vor einem BMW E36 Team, das sich seinerseits noch Hoffnungen auf den vierten Gesamtrang machte. Somit hieß es für Simeon trotzdem, ankommen und abliefern.
Und dann war da ja noch Vater Christoph. Der lag vor dem Wochenende noch in Führung in der 2 Liter FIA Klasse, mit so großem Vorsprung, daß ihm im Grunde 5 Punkte aus beiden Rennläufen reichen würden um den Titel zu ergattern. Außerdem war er auch noch 2. in der FIA-Gesamtwertung, diesen Rang wollte er ebenfalls absichern.
Nun denn, Eifel im Oktober, daß kann auch manchmal ganz schön nach hinten losgehen. Besonders wettermäßig. Denn da zeigte sich der Ring mal wieder von seiner typischen Seite. Einstellige Temperaturen, Windböen, Regenschauer, Hagel, manchmal sogar ein bisschen Sonne, alles war dabei an diesem Wochenende. Und das begann am Samstag um 8:05 bei Dunkelheit und frostigen Temperaturen mit dem freien Training. Bei extrem schwierigen Bedingungen absolvierten die drei Roessles jedoch souverän und ohne Zwischenfälle die 25 Minuten und brachten ihre drei Boliden wieder heil zurück in Fahrerlager. Damit war der Anfang gemacht.
Weiter ging’s ins Zeittraining, das gegen Mittag stattfand. Auch hier wollte man glänzen und sich eine gute Ausgangsposition fürs Rennen sichern. Bedingt durch die niedrigen Temperaturen waren die Streckenverhältnisse immer noch tückisch, so daß die Rundenzeiten erst im Laufe des Trainings etwas purzelten. Marc, Christoph und Simeon Roessle gaben alles und verbesserten sich Runde um Runde. Und dann plötzlich… rote Flagge, Trainingsabbruch! Alle kehrten an die Boxen zurück… bis auf den Sinziger Escort! In weiter Ferne, am Ende der Start-Zielgeraden konnte man Böses erahnen. Es gab eine folgenschwere Kollision.
Christoph Roessle war bei der Anfahrt zur Mercedes-Arena von einem Mitbewerber auf Porsche 911 quasi geschnitten worden. Dieser hatte sich während der Anbremsphase zurück auf die Ideallinie und damit genau vor ihn sortiert, anstatt innen zu bleiben. Nun, ein Porsche aus der Youngtimer-Klasse bremst natürlich deutlich besser als ein mit Trommelbremsen (zumindest an der Hinterachse) ausgestatteter Gruppe 1B Ford Escort. Dies musste dann letztendlich auch der Porschefahrer feststellen, als sich nämlich das Sinziger Fahrzeug am Scheitelpunkt der engen ersten Rechtskurve in die Beifahrerseite seines 964er bohrte. Dabei wurde der Escort quasi ausgehoben, da sich die Räder berührt hatten und rissen Kotflügel und Tür des 911ers buchstäblich in Stücke. Auch der Gruppe 1B-Bolide hatte schwer was abbekommen, links vorne war nicht mehr viel ganz. Aufgrund des Trümmerfeldes sah sich die Rennleitung gezwungen, die Session komplett abzubrechen. Was folgte waren wilde Gesten und wüste Beschimpfungen der beiden Piloten untereinander, nachdem sie sich aus ihren Cockpits befreit hatten. Anhand dieser Szenen konnte dann auch jeder eindeutig feststellen, daß den beiden anscheinend nichts Ernstes passiert war. Das Training wurde auf jeden Fall nicht wieder aufgenommen, der Zeitplan drängte.
Zurück im Fahrerlager wurde nach kurzer Begutachtung beschlossen, den Sinziger Escort wieder zu reparieren, zumindest für das zweite Rennen am Sonntag, da bis zum ersten Lauf leider zu wenig Zeit blieb. So sattelte die Brauneiser-Renntechnik Truppe auf und brachte den havarierten Wagen kurzfristig nach Köln, wo er in Rekordzeit wieder fahrtauglich gemacht wurde.
Unterdessen wurde am Ring heiß diskutiert, auch bei den Sportkommissaren. Anscheinend wollte man einen Schuldigen für die Kollision ausmachen und bestrafen. Jedoch konnte durch Videomaterial und viel Argumentation alles ins rechte Licht gerückt werden, womit der Vorfall am Ende als normaler Rennunfall abgehandelt wurde und die Sache damit erledigt war. Weiter im Text.
Marc Roessle hatte aufgrund des abrupten Trainingsendes leider etwas Pech gehabt, belegte dadurch nur den zweiten Rang in der nationalen 2,5 Liter Klasse, hinter seinem ärgsten Widersacher auf Mazda RX-3.
Bruder Simeon war ebenfalls hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben, konnte sich aber trotzdem den ersten Startplatz in der 1600er Nineties-Klasse sichern, vor einem Mitbewerber auf Peugeot 106, der heuer zum ersten Mal am Start war.
Nun denn, am späten Nachmittag ging es an diesem ereignisreichen Samstag dann auch schon zum ersten Rennlauf über 30 Minuten, den Christoph quasi gezwungenermaßen als Zuschauer absolvieren musste. Und hier war es Marc, der mit einem Bombenstart gleich mehrere Positionen gutmachte und sich sofort auf P1 seiner Klasse schob. Auch Simeon kam gut weg. Ein wilder Ritt, der allerdings durch mehrere Safetycar-Phasen quasi beschnitten wurde. Immer wieder kam es zu Zwischenfällen, Drehern, Unfällen, technischen Defekten,…
Unbeeindruckt davon lieferte Marc Roessle eine blitzsaubere Leistung ab und schob sich sogar in die Top 10 des Gesamtfeldes. Bruder Simeon hatte ein paar Federn lassen müssen, konnte den 106er Peugeot leider nicht halten, fiel somit auf P2 in seiner Klasse zurück.
Nach 12 Runden war die wilde Hatz dann vorbei, die Zielflagge wurde geschwenkt. Glücklich und zufrieden waren beide Piloten am Ende des ersten Rennens.
Gegen Abend konnte sich dann noch ein Dritter freuen. Denn da rollte dann auch wieder der Brauneiser-Renntechnik Notfall-Konvoi im Fahrerlager ein, inklusive einem frisch reparierten Sinziger 1B Escort, der zwar sein Augenlicht auf der linken Seite verloren hatten, aber ansonsten komplett fahrfertig daherkam. Man hatte ja schließlich noch fünf Punkte zu holen. Die waren auch bitter nötig, da Christoph Roessles ärgster Mitbewerber im ersten Rennen die volle Punktzahl abgeräumt hatte und ihm nun meisterschaftstechnisch ziemlich auf die Pelle rückte.
Der Sonntag sollte die Entscheidung bringen. Und wieder wurde es tückisch.
So hatte es nämlich über Nacht geregnet und ohne Sonnenstrahlen und bei den niedrigen Temperaturen trocknete der Asphalt deutlich langsamer als gedacht. Daher war es zum Rennstart um 10 Uhr morgens auch noch recht flutschig. Dies musste auch ein Kontrahent auf BMW 2002 feststellen, der mit seinem Fahrzeug beim Wedeln in der Aufwärmrunde unfreiwillig die Härte und Druckfestigkeit der Betonmauer auf Start/Ziel, nebst Werbebanner, testete. Das Ergebnis war ein ein zerfledderter Banner, ein deformiertes Rennfahrzeug, ein geknicktes Ego und ein Rennen, das ja eigentlich noch gar nicht gestartet war, aber trotzdem schon mit der roten Flagge unterbrochen wurde. Herrlich, so stellt man sich ein Saisonfinale vor.
Als dann endlich aufgeräumt war, ging es doch noch los. Diesmal wurde aus Sicherheitsgründen hinter dem Safetycar gestartet. Marc Roessle kam erneut super weg, preschte sofort weiter nach vorne. Bruder Simeon versuchte sich an den 106er Peugeot ranzukämpfen. Und Vater Christoph ließ es ruhig angehen, testete erstmal, ob das instandgesetzte Fahrzeug auch wirklich komplett funktionierte. Das tat es.
So bließ er zur Aufholjagd, immer im Hinterkopf, daß er nur ankommen müsste um den Meistertitel zu sichern. Diese Aufholjagd hatte auch Simeon im Sinn, jedoch ohne die Rechnung mit dem 106er Peugeot zu machen, der nun seinerseits davonzog. Unterdessen hatte Marc vorne freie Bahn, lag zwischenzeitlich Bereits auf Rang 6 im Gesamtfeld. Gegen Rennmitte wurde es dann noch einmal dramatisch. Der Führende in der 2 Liter FIA-Klasse rollte urplötzlich aus, sodass Christoph Roessle kampflos den Platz an der Sonne erbte. Damit war die Sache so gut wie geritzt für ihn.
Am Ende belegte Marc den siebten Gesamtrang, da sich noch ein Mitbewerber vorbeigemogelt hatte. Trotzdem ein starkes Ergebnis für ihn und den Holbay Escort. Auch Simeon war inzwischen im Ziel, belegte am Ende 2x P2 in seiner Klasse. Und last but not least schaffte es Christoph tatsächlich, die Saison mit einem Sieg zu beenden. Trotz einiger Tiefschläge ein versöhnliches Resultat für das Team Brauneiser-Renntechnik. Somit hatte sich Christoph Roessle tatsächlich den Meistertitel in der 2 Liter FIA-Klasse gesichert, ausserdem hielt er den zweiten Platz in der FIA-Gesamtwertung. Unterstützt wurde er dabei von seinem Sohn Marc in Assen, sowie Alexander Trojan in Spa und Zolder.
Simeons Ausbeute seiner 1.Rennsaison kann sich ebenfalls sehen lassen. Meister in der 1600er Nineties-Klasse und vierter Gesamtrang bei den Nineties-Fahrzeugen. Respekt.
Und auch Marc Roessle konnte mit dem Holbay Escort 3 Klassensiege dieses Jahr verbuchen, in der nationalen 2 Liter Historic Klasse bedeutet das erneut den Vizetitel. Ein würdiger Abschluß für das Fahrzeug, das heuer leider zum letzen Mal im Einsatz gewesen ist. Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist, heißt es ja irgendwie. Der 2,3 Liter Holbay Escort MK1 steht zum Verkauf (Interessenten können sich gerne melden).
Im nächsten Jahr ist ein Serienwechsel geplant, dann soll die FHR Historic Championship 81 mit dem Sinziger 1B Escort gefahren werden. Dort ist leider kein Platz für den kraftstrotzenden, schwarz-goldenen 1er Escort. Außerdem ist für 2026 ein neues, umfangreiches Projekt in Planung. Zusätzlich soll der Ford Puma von Simeon Roessle ein Motorupgrade über Winter erhalten.
Und der Holbay Escort? Der wird sicher eine neue Heimat finden und weitere wilde Rennsport-Abenteuer erleben. Wir gönnen es ihm von ganzem Herzen.
See you in 2025
Foto: Belcar Historic Cup